An ihrem Dies Academicus am Mittwoch hat die Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt (KU) traditionell wieder herausragende Leistungen in Forschung, Studium, Lehre und Transfer gewürdigt. Insgesamt elf Universitätspreise überreichten die beiden Vizepräsidenten Prof. Dr. Jens Hogreve und Prof. Dr. Klaus Meier in der Aula an Absolventinnen und Absolventen, Lehrende und Forschende. Die Preisgelder wurden von Stiftungen und regionalen Banken gestiftet.
Mit dem Preis des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD) wurde Arezoo Boroujeni Keivani aus dem Iran ausgezeichnet. Sie studiert an der KU im Master „Geographie: Umweltprozesse und Naturgefahren“ und bringt bereits einen Studienabschluss in Geomorphologie aus dem Iran mit. Neben ihrer akademischen Leistung beeindruckte sie durch ihr gesellschaftliches Engagement: Nach zwei schweren Erdbeben war sie in ihrer Heimat als Helferin im Einsatz. In Eichstätt engagiert sie sich im Green Office der KU und im Integrationsdienst der Malteser, wo sie mit Kindern zu Umwelt- und Nachhaltigkeitsthemen arbeitet.
Adelheid Maier erhielt für ihre innovative und praxisorientierte Masterarbeit den Preis der Fritz und Rosa Gutmann-Stiftung für Abschlussarbeiten zum Thema Nachhaltigkeit. Meier verbindet darin zwei Theoriestränge, nämlich das Konzept einer Bildung für nachhaltige Entwicklung und Modelle des Wohlbefindens aus der Positiven Psychologie. Für die Umwelt-Jugendherberge Eichstätt entwickelte sie ein pädagogisches Programm für Schülerinnen und Schüler ab der 5. Klasse. Das Programm eröffne den Kindern und Jugendlichen abseits des schulischen Leistungsdrucks einen wichtigen Erfahrungsraum für wertebildende, persönlichkeits- und gemeinschaftsstärkende Erlebnisse, betonte Vizepräsident Klaus Meier in seiner Laudatio.
Der Preis der Maximiliane-Kocher-Stiftung für junge Historikerinnen und Historiker geht in diesem Jahr an eine Abschlussarbeit, die sich mit der jüngsten Vergangenheit befasst. Chantel Anderson analysierte in ihrer Masterarbeit im Studiengang Internationale Beziehungen den US-Wahlkampf 2024 von Donald Trump. Im Fokus stand die gezielte Nutzung emotionaler Kommunikation im digitalen Raum. Anderson konnte zeigen, dass Trumps Wahlkampfteam besonders stark auf Emotionen der Enthusiasmus-Dimension setzte, um Anhänger zu mobilisieren – ein bislang wenig beachteter Aspekt populistischer Rhetorik.
Einem Zweispalt, der viele junge Menschen heute umtreibt, widmete sich Dr. Jasmin Juch, die seit 2015 am Zentralinstitut für Ehe und Familie in der Gesellschaft (ZFG) tätig ist, in ihrer Doktorarbeit mit dem Titel „Karrierebewusstsein und Kinderwunsch von Studierenden in Deutschland“. Hierzulande werden immer weniger Kinder geboren und das immer später. Vor allem Akademikerinnen und Akademiker verschieben die Familiengründung häufig auf unbestimmte Zeit nach ihrer beruflichen Etablierung. Juch untersuchte insbesondere die Rolle des Faktors Religiosität und liefert so mit ihrer Arbeit wichtige Impulse für eine religionssensitive Familiensoziologie. Dafür wurde sie mit dem Preis der Professor Sutor-Stiftung ausgezeichnet.
Mit dem Preis der Volksbank-Raiffeisenbank Bayern Mitte wird 2025 eine Arbeit zu einem weiteren hochrelevanten Problem gewürdigt, nämlich der Frage: Wie können wir allen Betroffenen eine gute psychotherapeutische Versorgung ermöglichen? Theresa Neumann untersuchte in ihrer Masterarbeit die Bereitschaft von Psychotherapeutinnen und -therapeuten, Geflüchtete mit posttraumatischer Belastungsstörung (PTBS) zu behandeln. Ihre Studie offenbarte signifikante Hürden: Ein Fluchthintergrund senkt die Behandlungsbereitschaft – trotz bestehender therapeutischer Möglichkeiten. Ein spannender Ansatz für weitere Forschung, sagte Vizepräsident Jens Hogreve bei der Preisverleihung – vielleicht durch Neumann selbst, die mittlerweile als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der KU tätig ist.
Gleich zweimal wurde der Preis der Sparkasse Ingolstadt Eichstätt für die beste Dissertation vergeben. Dr. Hidde Schönberger erhielt die Auszeichnung für seine mathematische Doktorarbeit über nichtlokale Gradienten – einem Konzept, das wichtig wird, wenn es um das Verhalten von Materialien geht, etwa bei Rissen oder Brüchen. Anders als Modelle, die nur den Punkt betrachten, an dem etwas geschieht, bezieht ein nichtlokales Modell auch das Umfeld mit ein. Das macht die Modelle realistischer – aber auch komplexer. Schönberger konnte zeigen, dass Lösungen für diese hochkomplexen Gleichungen tatsächlich existieren – ein entscheidender Schritt für Theorie und Anwendung.
Ein weiterer Dissertationspreis ging an Dr. Sebastian Hellmann, der sich in seiner Doktorarbeit mit der Frage befasste, warum wir uns bei manchen Entscheidungen absolut sicher sind und bei anderen starke Zweifel haben. Er zeigt auf, dass die sogenannte Konfidenz, das Gefühl von Sicherheit, aus drei Faktoren besteht: den gesammelten Informationen, der Schwierigkeit der Entscheidung und der für die Entscheidung benötigten Zeit. Besonders spannend: Längere Entscheidungszeiten können paradoxerweise zu geringerer Konfidenz führen. Ein beachtenswerter Effekt beispielsweise in den Bereichen medizinische Diagnostik, Zeugenaussagen vor Gericht oder Entscheidungen in der Politik.
Für ihre Habilitationsschrift zum Thema „Engagements und Freiwilligenarbeit“ wurde PD Dr. Isabel Strubel mit dem Preis der Eichstätter Universitätsgesellschaft ausgezeichnet. Ihre Arbeit bringt Licht in die Frage, was Menschen dazu antreibt, sich freiwillig und unbezahlt für andere einzusetzen. Sie betrachtete verschiedene Arten sozialen Engagements und fand heraus, dass ihnen ein Motivpluralismus zugrunde liegt. Bedeutsam sind sowohl selbstbezogene Motive als auch gemeinwohlorientierte Motive, ebenso Gerechtigkeitsmotive. Strubel arbeitet mittlerweile hauptberuflich als Schulpsychologin, forscht und lehrt aber auch weiterhin an der KU und der TH Aschaffenburg.
Gute Lehre solle inspirieren, verbinden, herausfordern, hob Prof. Dr. Klaus Meier, Vizepräsident für Studium und Lehre, in seiner Laudatio für den Preis der Liga Bank-Stiftung für Exzellente Lehre hervor. Diesem Anspruch werde das Modul „Management Simulation in Tourism“ in jedem Fall gerecht. Das „Erasmus+ Blended Intensive Program“, durchgeführt von Dr. Jutta Walz, Kerstin Haag und Felix Hiemeyer, überzeugte als international vernetztes und interdisziplinäres Lehrprojekt. Studierende entwickelten in interkulturellen Teams in einem Planspiel Hotelkonzepte und Marketingstrategien. Begleitet von Exkursionen und kreativen Aufgaben stärkte das Modul Schlüsselkompetenzen wie Teamarbeit und Eigenverantwortung.
Den interreligiösen Austausch rückt der diesjährige Preisträger der Maximilian Bickhoff-Universitätsstiftung in den Fokus: Ausgezeichnet wurde das Forschungscluster jüdisch-christlicher Dialog (FJCD), das 2024 von Prof. Dr. Christoph Böttigheimer, Inhaber des Lehrstuhls für Fundamentaltheologie, gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen aus Hildesheim, Luzern und Wien gegründet wurde. Ziel des Clusters ist die Vernetzung von Forschenden unterschiedlicher Disziplinen, von der Judaistik über die Theologie bis zur Literatur- und Geschichtswissenschaft. Im Mittelpunkt steht dabei das komplexe Verhältnis von Judentum und Christentum. Die Arbeit des Clusters trage nicht nur zur wissenschaftlichen Aufarbeitung von Vorurteilen und Missverständnissen bei, sondern leiste einen wichtigen Beitrag zur Stärkung demokratischer Werte und des gesellschaftlichen Zusammenhalts, so Prof. Dr. Jens Hogreve, Vizepräsident für Forschung und wissenschaftlichen Nachwuchs, in seiner Laudatio.
Jüdische Geschichte steht im Fokus des Lehrforschungsprojekts „Lange Schatten des Unrechts“ von Prof. Dr. Vanessa Conze (Lehrstuhl für Neuere und Neueste Geschichte), das mit dem Transferpreis der KU ausgezeichnet wurde. Das Projekt widmete sich über drei Semester der Geschichte der jüdischen Familie Geiershoefer aus Allersberg – von der Verfolgung in der NS-Zeit, über Flucht und Deportation bis hin zum jahrzehntelangen Kampf um Gerechtigkeit in der Nachkriegszeit. Die Studierenden werteten archivalische Quellen aus, arbeiteten Zeitzeugnisse auf und schufen daraus gleich mehrere Transferformate: einen Podcast in der Reihe „Tatort Geschichte“ des BR, eine wissenschaftliche Monografie – und eine Ausstellung, die aktuell im Foyer der Zentralbibliothek der KU gezeigt wird.